Working Class Daughters

 

 

“I’m still, I’m still Jenny from the Block – No matter where I go, I know where I came from” 

(c) Christian Schuller

Wo sind Räume, über Klasse und Klassismus zu sprechen? Sich mit der Leichtigkeit eines Pop-Songs über die soziale Herkunft, die Diskriminierungserfahrungen, das Wandeln zwischen den Klassen, mitunter zwischen Familienkontext und Arbeitsumfeld, auszutauschen – das ist im öffentlichen Diskurs nicht, und in Kunst und Wissenschaft immer noch zu selten möglich. Mit der gut gelaunten Melodie von Jennifer Lopez‘ Song im Ohr laden Kristina Dreit, Karolina Dreit und Anna Tzrpis-McLean in dem hier veröffentlichten Einblick in ihren Arbeitszyklus Working Class Daughters ein, mit empowernder Selbstverständlichkeit über Klasse zu reden.

Im Rahmen von Working Class Daughters führen sie Interviews, entwickeln sensible Hörräume, bedacht gesetzte installative und szenische Anordnungen, in denen Stimmen von Frauen* über ihr Verhältnis zu ihrer sozialen Herkunft Platz finden: Wann gehöre ich dazu? Wann performe ich wie? Wie kann ich zwischen zwei Welten vermitteln? Wann entferne ich mich? Wann ist Sichtbarkeit wichtig und wann ist es notwendig, Markierungen zu vermeiden? Aber auch: Mit wem fühle ich mich verbunden und wo verbinde ich? Und: Wie kann ich persönlichen oder gemeinschaftlichen Widerstand praktizieren und organisieren?

(c) working class daughters
(c) working class daughters

In den Interviews kommt die Komplexität persönlicher Erfahrung zur Sprache, es werden Mechanismen von gesellschaftlicher Ungleichbehandlung aufgrund von Klasse, Geschlecht und Migration klar benannt. Gleichzeitig verstärken sich individuelle Wege und Strategien in der verbindenden Collage. Wie, wenn nicht mit einem solchen gemeinsamen Sprechen ohne Scham und mit der selbstverständlichen Coolness eines Popsongs, ließe sich besser gegen diese gesellschaftliche Realität wappnen, sie sprechend verändern?

Am Ende des hier veröffentlichten Audio-Teasers erklingt die Melodie von J. Lo ein zweites Mal. Nun bleibt aber vielmehr der Satz einer der Interviewten im Ohr: „Heute spreche ich es offen und viel an, weil es eben nicht egal ist, welche Produktionsbedingungen hinter den Leuten stehen.“  

Working Class Daughters Tonspur


Working Class Daughters ist ein Arbeitszyklus zu den Verknüpfungen von Klasse, Geschlecht und Migration, an denen wir (Kristina Dreit/ Theatermacher*in, Karolina Dreit/ Soziologin und Anna Trzpis-McLean/ Szenograf*in) seit 2018 gemeinsam arbeiten. Ausgehend von (eigenen) post-sowjetischen Migrationserfahrungen und einer langen Freund*innen- und Schwestern*schaft interessieren uns vor allem biografische Geschichten, sowie historische und aktuelle Bezüge zu Arbeit und Arbeitskämpfen. Einen wesentlichen Teil unserer gemeinsamen Arbeit machen Interviews aus, die wir selber führen und stetig erweitern. 

Für die aktuelle Arbeit working class by daughters suchen wir nach weiteren Interview-Partnerinnen* (Working Class Daughters mit und ohne Migrationsgeschichte, of colour und queere Frauen*). Unser Kontakt: wcd@posteo.de

Text: Olivia Ebert
Titelfoto: Christian Schuller