Philharmonie Köln

Köln, 06.11.2001. An diesem Tag feierte die Stadt Köln den 40. Jahrestag der Unterzeichnung des ersten Anwerbeabkommens mit der Türkei. Zum Jubiläum beweihräucherte sich die geladene Prominenz beim Festakt in der Philharmonie Köln. Kanak TV mischte sich unter die Leute, um den bitteren Beigeschmack des Happenings herauszukitzeln und der sich feiernden Almanbourgeoisie auf´s Brot zu schmieren. Durch das einfache und für Kanak TV typische Mittel der Umkehrung führen sie den Blick auf die „anderen“ nicht nur ad absurdum, sondern lassen auch Abwehrmechanismen gegen identitäre Zuschreibungen, die Migrant*innen über Jahrzehnte wie Mantren verinnerlicht haben, auf verdrehte Weise bei den weißen Exoten zum Vorschein kommen. 

Kanak TV

Kanak TV – Migrantische Selbstermächtigung oder Warum Kanak TV politisch ist:

Kanak TV agiert dort, wo rassistische Hierarchien zur Norm erklärt werden. Wir weisen jeden Versuch entschieden zurück, Migranten anzuglotzen, zu vermessen und in Kategorien zu pressen. Statt dessen richten wir den Blick auf Alemannen, die es für selbstverständlich halten, andere zu prüfen, zu fragen, und in ihrem Blick zu verkleinern.

Als wachsamer Begleiter des Alltags verstört Kanak TV gewohnte Sichtweisen und liebgewonnene Rezeptionsmuster. Kanak TV verbreitet Unbehagen unter den Selbstgerechten. Bei Kanak TV gibt es weder ein befreiendes Lachen noch ein solidarisches Mitgefühl. Trotz allem bringt Kanak TV Menschen zum Lachen. Und je deutscher und selbstgefälliger das Publikum, desto tiefer bleibt ihnen das Lachen im Halse stecken.

Wir, Kanaken, produzieren die längst überfälligen Gegenbilder zu den ewig gleichbleibenden Bildern von Migranten. Wir konterkarieren die Bilder von den kriminellen Ghetto-Kanaken, schwitzenden Döner-Kanaken oder stummen Kanakinnen mit Kopftuch, die symbolisch für Rückständigkeit und Unterdrückung stehen.

Kanak TV ist die Umkehrung des rassistischen Blicks. Aber wir wollen nicht nur den rassistischen Blick und die festgelegten Bilder im Kopf zu Tage bringen. Unser Fokus richtet sich auch darauf, wie Bilder gemacht, manipuliert und eingesetzt werden. Kanak TV entlarvt den medialen Blick als Macht, indem es sich dieses Macht-Blickes bedient. So soll das Machtverhältnis in Frage gestellt, zurückgewiesen und ihm entgegengewirkt werden.

Wir zitieren und entblößen den Rassismus als soziales Verhältnis, als ein Konstrukt, das bestimmte gesellschaftliche Hierarchien herstellt und perpetuiert und dabei bestimmte Gruppen von Menschen marginalisiert und sie in dieser Position hält. Hier ist unser Interventionsfeld. Aus der stumm und gesichtslos gemachten Masse tauchen plötzlich handlungsfähige und handelnde Subjekte auf.

Wir lassen den Blick nicht länger auf uns richten – wir richten den Blick. Kanak TV ist migrantische Selbstermächtigung.

(Manifesto von Kanak Attak Köln)